Klangkompass


von Roman Sillipp

Die größte Herausforderung am Klavier: Zwei Hände, zwei Aufgaben


Wer Klavier spielt, kennt die Herausforderung:
Die rechte Hand soll etwas anderes machen als die linke – doch beide Hände geraten durcheinander.

Und das hat einen ganz einfachen Grund.

Unabhängigkeit entsteht nicht durch Anstrengung, sondern durch Automatisierung.

Nur wenn eine der beiden Bewegungen bereits automatisiert ist,
kann sich das Gehirn auf die andere konzentrieren.

Doch wie kommt man dorthin? Und wie lässt sich das gezielt trainieren?

Multitasking? Leider nur begrenzt möglich

Die Leistung unseres Gehirns ist erstaunlich – aber es nicht dafür gemacht, zwei völlig verschiedene Bewegungen gleichzeitig bewusst zu steuern.

Wenn die linke Hand eine rhythmische Begleitung spielt und die rechte gleichzeitig eine Melodie, geraten viele ins Straucheln.

Unser Gehirn kann nicht zwei unterschiedliche Bewegungen gleichzeitig bewusst steuern.

Der Grund ist einfach: Das bewusste Steuern beider Hände überfordert unser Nervensystem – es geht schlicht nicht gleichzeitig.

Die Lösung: Automatisierung einer Handbewegung

Der Schlüssel liegt darin, eine der beiden Aufgaben zu automatisieren.

Das heißt: Sie läuft wie von selbst – so wie eine gut geölte Maschine.

Eine Hand muss wie von selbst laufen, damit sich die andere entfalten kann.

Wenn die linke Hand z. B. eine Begleitung spielt, muss sie das so verlässlich tun, dass Du gar nicht mehr daran denkst.

Nur dann bleibt genug Aufmerksamkeit, um Dich auf die rechte Hand zu konzentrieren.

Wie Du das aus dem Alltag kennst

Ein tolles Beispiel ist das Autofahren. Erinnerst Du Dich an Deine ersten Fahrstunden?

Kupplung, Gas, Schalten, Blinken – alles war eine Herausforderung.

Und heute?

Was anfangs komplex erscheint, läuft später ganz automatisch ab – wie Autofahren.

Du startest das Auto, wechselst die Gänge, schaltest von Abblendlicht auf Fernlicht, stellst das Autoradio ein, beantwortest vielleicht noch eine SMS – und Frauen schminken sich noch nebenbei.

Dies zeigt, wie viel automatisch abläuft, wenn Bewegungen einmal verinnerlicht sind.

Wie entsteht Automatismus?

Automatismus ist kein Talent – er entsteht durch Wiederholung.

Üben in kleinen, klaren Abschnitten ist der Schlüssel.

Automatismus entsteht nicht durch Talent, sondern durch gezielte Wiederholung.

Das Ziel: Du denkst beim Spielen nicht mehr über jeden einzelnen Ton oder Griff nach.

Stattdessen läuft ein Bewegungsmuster einfach ab, wie das Muster eines geübten Tanzschritts oder das Tippen auf der Tastatur.

Stell Dir vor, Du müsstest jede Bewegung bewusst steuern

Stell Dir vor, Du möchtest einfach nur einen Raum verlassen –
aber Du müsstest jede einzelne Bewegung bewusst steuern: „Arm strecken“, „Klinke greifen“, „nach unten drücken“, „ziehen“, „Schritt nach vorne“... 

Du würdest eine gefühlte Viertelstunde brauchen, bis Du draußen bist.

Wirklich flüssig wird eine Bewegung erst dann, wenn Du nicht mehr darüber nachdenken musst.

Genauso unmöglich wäre es, zwei verschiedene Handbewegungen am Klavier bewusst zu steuern.

Erst wenn eine davon automatisiert ist, wird das Zusammenspiel möglich.

Der Körper weiß dann, was zu tun ist – ohne dass Du jeden einzelnen Schritt im Kopf mitdenken musst.

95 % läuft automatisch – auch bei Dir

Ob Du gehst, isst, liest oder telefonierst – fast alles tust Du, ohne darüber nachzudenken.

Fast alles, was wir im Alltag tun, passiert unbewusst – auch beim Klavierspielen kann das so sein.

Sogar beim Lesen erkennst Du Wörter, selbst wenn sie falsch geschrieben sind.

Du nimmst sie als Ganzes wahr – nicht Buchstabe für Buchstabe.

Genau dasselbe Prinzip macht das scheinbar Unmögliche beim Klavierspielen möglich:

Sobald Du eine Bewegung automatisiert hast, kannst Du sie mit einer anderen kombinieren, ohne dass sich beide gegenseitig stören.

Was das Unterbewusstsein mit Klavierspielen zu tun hat

Fast alles, was wir im Alltag tun, läuft nicht über unser Bewusstsein – sondern über das Unterbewusstsein.

Dieses steuert Bewegungen, ohne dass wir aktiv darüber nachdenken müssen.

Und genau darin liegt der Schlüssel für motorische Unabhängigkeit am Klavier.

Das Unterbewusstsein braucht keine Steuerung – es funktioniert automatisch, sobald etwas verinnerlicht ist.

Vom Denken zum Können

Wenn das Gehirn nicht mehr bewusst nachdenken muss, weil es den Vorgang „verstanden“ hat,
wird er vom Unterbewusstsein automatisch ausgeführt.

Aber wie gelangt etwas ins Unterbewusstsein?

Ganz einfach: durch Wiederholung und Verständnis.

Der Schriftsteller Thomas Mann brachte es auf den Punkt:

„Wir weben jeden Tag einen Faden, und schließlich können wir das Seil nicht mehr zerreißen.“

Genauso entsteht spielerische Sicherheit am Klavier – Faden für Faden.

Erst automatisieren – dann kombinieren

Der Weg zur motorischen Unabhängigkeit der Hände beginnt nicht mit dem Versuch, beide gleichzeitig bewusst zu steuern – sondern mit dem Verinnerlichen.

Nicht gleichzeitig üben – sondern zuerst verinnerlichen, dann kombinieren.

Sobald eine Hand „läuft wie von selbst“, wird Klavierspielen plötzlich leicht und fließend.

Das klingt vielleicht banal – aber es ist der zentrale Hebel, der den entscheidenden Unterschied macht.

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Über den Autor


Roman Sillipp - Klavierlehrer, Musikpädagoge

Roman sillipp, M.A.

Klavierlehrer, Musikpädagoge

Mein Name ist Roman Sillipp, ich bin ein versierter Musiker und Klavierspiel-Experte. Mein Fachwissen entwickelte sich während meines Studiums im Bereich Klassik-, Pop- und Jazzpiano.

In meiner Karriere habe ich als Komponist, Arrangeur und Pianist für renommierte Institutionen, Künstler, Rundfunk und Tonstudios sowie für nationale und internationale Pop-Stars gearbeitet.

Mein Wissen aus dem Masterstudium für Instrumentalpädagogik an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien und meiner langjährigen Tätigkeit als Profimusiker fließt direkt in alle Inhalte meiner Piano-Akademie ein.

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